Die Technische Abteilung der FRAG

In der Technische Zone der TA befanden sich die Montagehallen für die Raketen, die Garagen für die TLF- und Betankungsfahrzeuge, das Raketenlager, die Betankungsplätze für Luft, Brennstoff (Samin) und Oxydator (Melange) sowie dem Gebäude der AK/PS. Die Aufgaben der TA bestanden in der Auslagerung, Montage, Bestückung und Betankung der FAR mit Luft, Brennstoff und Oxydator sowie Kontrolle und Transport der Raketen in den Abschußbereich.

 

Foto (Screenshoot aus Video): Aussenlager Wolfsruh 

 

Die Montage der Raketen erfolgte in der Halle bzw. im Freien mit Hilfe des Kranes K-162 bzw. dem Kran ADK 125/3 sowie speziellen Lagergestellen. Nach Beendigung von Montage und Bestückung mit Pyrotechnik sowie Gefechtsteil wurde die Rakete auf das TLF KrAZ-260 W geladen und zur Betankung gefahren. Um diesen zeitaufwendigen Prozeß zu verkürzen, war ein Teil der FAR im Raketenlager auf fahrbaren Gestellen (Stellagen) im fertig montiertem und bestücktem, aber unbetanktem Zustand gelagert.

 

   

Foto:Autodrehkran ADK 125/3 der Karl-Marx-Werke Babelsberg (DDR). Wassergekühlter Sechszylinder-Reihen-Dieselmotor 140 kW (191 PS), max. Geschwindigkeit 70 km/h; Dauergeschwindigkeit 60 km/h. Fahrbereich 650 km. Hydraulisch betriebener Teleskoparm mit einer Nutzlast von 13.000 Kilopond. Für Kran- und Bergungsarbeiten in der NVA seit 1982 eingesetzt.

 

Foto (Screenshoot aus Video): Aussenlager Wolfsruh

 

Für die Betankung waren drei Arbeitsplätze eingerichtet. Zuerst wurde Druckluft aufgefüllt (400 bar). Dann erfolgte mit der mobilen Auftankstation 5B55 auf Basis des Lkw GAZ 66 die Befüllung mit dem Brennstoff (Samin). Über die mobile Auftankstation 5B62 (ebenfalls auf Basis-Lkw GAZ 66) folgte das Auffüllen des Oxydators (Melange). Zum Betanken einer Rakete waren 586 Kilo (700 Liter) Brennstoff und 1.680 Kilo (1.050 Liter) Oxydator erforderlich. Der Raketentreibstoff war hochgiftig: Das Samin (aliphatische und aromatische Amine im Verhältnis 1:1) war eiweißzersetzend, während die Komponente Oxydator aus fast reiner Salpetersäure bestand.
Die Auftankstationen verfügten jeweils über Zapfpistolen, Pumpen und Rohrleitungssysteme zur Druckförderung der Flüssigkeiten abhängig von der Außentemperatur.

 

Foto (Screenshoot aus Video): B-Betankungsplatz Badingen
 

   

Foto:Lkw GAZ 66 des Automobilwerks Gorki (UdSSR).
Achtzylinder-V-Benzinmotor, 85 kW (116 PS), max. Geschwindigkeit 90 km/h, zulässige Dauergeschwindigkeit 75 km/h, Fahrbereich 800 km. Frontlenker, Allradantrieb, Steigfähigkeit 55%, Watfähigkeit 90 cm. Seit Aufbau der NVA als Spezialfahrzeug verwendet. Hier als Be- und Enttankungsfahrzeug mit Tankstation (z.B. 5B55 oder 5B62 für Brennstoff bzw. Oxydator der FAR 5W28 des FRK S-200 WÄ)

Im Umgang mit den Treibstoffkomponenten galten strenge Sicherheitsbestimmungen. Bei Betankungsarbeiten war vollständige Schutzausrüstung (Anzug, Atemschutz, Handschuhe und Gummistiefel) zu tragen; ein Sanitätsfahrzeug stand jeweils bereit. Dies alles gewährleistete jedoch nur kurzzeitigen Schutz. Bei Kontakt mit dem Brennstoff oder Oxydator mußte sofort eine entsprechende Neutralisationsflüssigkeit aufgebracht werden. Hierfür war das Wasch- und Neutralisationsfahrzeug 8T311 verfügbar. Für den Brennstoff wurde Waschbenzin, bei der Komponente Oxydator Wasser zur Neutralisation verwendet.

 

   

Foto (Screenshoot aus Video): B-Betankungsplatz Badingen


Die Lagerung der Treibstoffe erfolgte in verbunkerten Unterflurbehältern (Samin z.B. in drei Tanks mit bis zu 22.000 Kilogramm Fassungsvermögen). Die große Menge war bedingt durch die Zahl an verfügbaren FAR. Trotz der Giftigkeit der Treibstoffe kam es übrigens zu NVA-Zeiten in der TA in Badingen zu keinen wesentlichen Zwischenfällen. Nach den Vorschriften der NVA waren von der TA binnen der ersten Stunde der Alarmierung eine Rakete, sodann alle 30 Minuten je eine weitere betankt bereitzustellen. Da der Aufbau dieser Arbeitsplätze in Form eines zweigleisigen „Fließbandes" („technologischer Ablauf) angelegt war, konnten durch eine trainierte Bedienung etwa alle 20 Minuten zwei verschußbereite FAR für die Schießkanäle zur Verfügung gestellt werden.

 

Foto Badingen 1992: Ab 1988 Sattelzugmaschine und Nachfolger für KrAZ-255 im FRK S-200: KrAZ-260 W der Automobilwerke Krementschug (UdSSR). Wassergekühlter Achtzylinder-V-Dieselmotor mit 220 kW (300 PS). Max. Geschwindigkeit 75 km/h; zulässige Dauergeschwindigkeit 60 km/h. Fahrbereich 700 km. Haubenlenker, Allradantrieb 6x6, Steigfähigkeit 36 %, Watfähigkeit 120 cm. Hier mit Sattelauflieger 5T82M13 zum Transport der FAR 5W28 AE/W-880Ä

Für die vorbeugende Wartung der Raketen gehörte zum Bestand der TA eine AK/PS 5K43. Sie ermöglichte nach Anschluß der FAR durch elektronische Simulation eines kompletten Raketenfluges und Kontrolle der dabei durch die Bordelektronik erarbeiteten Signale eine exakte Aussage über den Zustand der FAR. Da diese Kontrolle sehr zeitaufwendig war (Zeitdauer ca. ein Arbeitstag) war sie nur in Friedenszeiten vorgesehen. Regelmäßig kontrolliert wurde auch jede der vier betankten „diensthabenden" Raketen, wobei eine FAR - zumindest theoretisch - fünf Jahre uneingeschränkt verwendbar sein sollte. Für die Überführung aus der langfristigen Aufbewahrung auf Stellagen in die Verschußbereitschaft auf dem TLF wurde ca. eine Stunde veranschlagt.

 

Foto: Badingen 2003